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Teil 1 | Why: Business Model Innovation – Innovative Geschäftsmodelle in Zeiten von Unsicherheit


 
The greatest danger in times of turbulence is not the turbulence; it is to act with yesterday's logic. - Peter Drucker
 

Start with Why


Golden Circle / Start With Why (Simon Sinek)

WARUM werden neuerdings weniger Strategie, Business Pläne bzw. Cases benötigt und WARUM wird mehr eine Geschäftsmodell-Denke sowie entsprechend neue Arbeitsweisen gefordert? Und WIE macht man das am besten? Und welche Methoden und Werkzeuge (WAS) setzt man dabei ein?


Ein Großteil der Leser:innen kennt wahrscheinlich den bekannten TED Talk des britisch-US-amerikanischen Autors und Unternehmensberaters Simon Sinek. Mit seinem Golden Circle hat mich Sinek jedenfalls auch sehr inspiriert. Er erklärt, wie erfolgreiche Personen und Unternehmen immer mit demselben, natürlichen Muster dachten, handelten und kommunizierten. Am Anfang stand immer die Frage nach dem WARUM. Dann kam erst das WIE und das WAS.

Die Fragen nach dem Why, How und What soll der folgende Text beantworten.


Diesen habe ich wie folgt untergliedert:


TEIL 1


Intro: Woher kommt der Begriff „Geschäftsmodell“?


Why: Warum und wozu wird ein agiler Geschäftsmodell-Ansatz benötigt?


TEIL 2


How: Wie kann man Geschäftsmodelle erfolgreicher entwickeln bzw. innovieren?

  • Agil statt nach Plan

  • Agilität bedeutet Effektivität

  • Drei Anforderungen an ein innovatives Geschäftsmodell

  • Wünschbar?

  • Wirtschaftlich?

  • Machbar?

  • Steuerung und Umsetzung mit Kanban, Scrum & Co.

  • Das ideale Zusammenspiel der Methoden

  • Agile Organisation

  • Teams, Kultur und Mindset

  • Agile Change


TEIL 3


What: Welche Methoden und Werkzeuge können und sollten dabei eingesetzt werden?

  • Business Model Canvas

  • Value Proposition Canvas

  • Design Space Card Deck (bzw. Umfeldanalyse)

  • SWOT-Analyse

  • St. Galler Business Modell Navigator (BMI Lab)

  • Business Model Kit (Board of Innovation)

  • Validation Board und Progress Board

  • Prototyping & Testing

  • Agile Strategieentwicklung


Outro: Die drei Ebenen der Geschäftsmodell-Innovation.


Reflexion


Quellen

 

Teil 1


Intro


Mit Beginn der New Economy Ende der 90er-Jahre ist „Geschäftsmodell“ zum geflügelten Wort geworden, das entsprechend positiv wie negativ belegt ist. Aber woher kommt dieser Begriff? Nach meiner Recherche gibt es dazu unterschiedliche Antworten:

Wenn man sich mit dem Begriff „Geschäftsmodell“ beschäftigen will, muss man sich dessen historische Entwicklung ansehen. Peter Drucker, der inzwischen verstorbene amerikanisch-österreichische Wirtschaftswissenschaftler, legte 1994 den Grundstein für den Geschäftsmodell-Grundgedanken. Er bezeichnet damit die „The Theory of the Business“, also die Theorie eines Unternehmens. Allerdings erwähnt er das Wort „Geschäftsmodell" nicht explizit.

In seinem Buch beschreibt Drucker, dass jede Firma auf bestimmten Annahmen basiert, genau genommen „Annahmen, wofür ein Unternehmen bezahlt wird“. Diese Prämissen machen das Unternehmen zu dem, was es ist. Und das prägt das Verhalten der Organisation und alle seine Entscheidungen. Es sind Annahmen darüber zu treffen:

  • Markt

  • Kunden und Klienten

  • Wert (-versprechen) des Unternehmens

  • Wettbewerber

Auch Joan Magretta zitiert Drucker, indem sie in „Why Business Models Matter" zeigt, was ein Geschäftsmodell ist. Im Jahr 2002 (während der Dot.com-Pleite), schreibt sie, dass Geschäftsmodelle im Kern Geschichten sind – Geschichten, die erklären, wie Unternehmen funktionieren. Ein gutes Geschäftsmodell beantwortet also Peter Druckers uralte Fragen:

  • Wer ist der Kunde?

  • Was schätzt der Kunde?

Es beantwortet auch die grundlegenden Fragen, die sich jeder Manager stellen muss:

  • Wie verdienen wir mit unserem Geschäft Geld?

  • Was ist die zugrundeliegende wirtschaftliche Logik, die erklärt, wie wir den Kunden Wert zu angemessenen Kosten liefern können?


WHY?


VUCA / VUKA


Warum werden neue Methoden und Werkzeuge und damit eine ganz andere Vorgehensweise benötigt? Um es global-galaktisch zu sagen: Wegen der berühmt berüchtigten VUCA-Welt (deutsch: VUKA). Dieses „Zauberwort" wurde ursprünglich dafür verwendet, um die Herausforderungen für das Militär nach dem Ende des Kalten Krieges zu erklären. Seit einigen Jahren wird VUCA dafür verwendet, um die Herausforderungen bzw. die Dynamik des Digitalen Wandels zu erklären: Die vier Buchstaben des Akronyms stehen für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität.

Diese vier Eigenschaften eignen sich eigentlich perfekt für die Erklärung unserer heutigen Welt, die geprägt ist von Verwerfungen wie Klimawandel, Digitalisierung, Pandemie, etc.

Um diese veränderten Rahmenbedingungen noch besser zu beschreiben, kann man sich aktuellere Modelle bedienen. Besser lässt sich die gegenwärtige vollkommen chaotische und teils unverständliche Welt anhand des BANI-Modells beschreiben. Denn diese ist zunehmend Brittle (brüchig), Anxious (besorgt), Non-linear (nichtlinear) und Incomprehensible (unbegreiflich).


 
„Der gefährliche Wettbewerb kommt nicht von hinten, den erkennt man im Rückspiegel. Die Konkurrenz kommt aus der SeitenstraSSe.“ - Reinhard Ploss (Infineon)
 

Neue Wettbewerber


In der deutschen und weltweiten Unternehmenslandschaft haben sich die Bedingungen und die Zielstellungen verändert. Der Wettbewerb hat sich dahingehend gewandelt, dass Unternehmen nicht in erster Linie von klassischen Wettbewerbern bedroht werden, stattdessen tauchen Tech-Firmen in klassische Märkte ein. Amazon wird zum Logistiker (d.h. DHL wird nicht nur von Schenker bedroht). Google wird zum Mobility-Anbieter, d.h. die klassischen Automobilkonzerne bekommen nicht nur untereinander Konkurrenz. Startups und neue oder exponentiell wachsende Technologien verändern bzw. disruptieren ganze Branchen:

  • Uber, Car Sharing: Automobil und Logistik

  • Kryptowährung auf Basis von Blockchain-Technologie: Banken, Aktien

  • AirBnB: Hotellerie

  • Netflix: Film & TV

  • Open Source, Open Innovation: Forschung/Wissenschaft

  • ...

Geschäftsmodelle entwickeln sich immer mehr in Richtung mehrseitiger Plattformen, um schlussendlich die Aktien-Märkte zu dominieren (Google, Amazon, Facebook, etc.). Auch die Strategien dieser neuen Wettbewerber sind im Vergleich zu klassischen Unternehmensstrategien, die meist auf betriebswirtschaftlichen Kennzahlen (Bilanzen, EBITDA, etc.) basieren, eine neue Herausforderung. Firmen wie Tesla oder Spotify, die tiefrote Zahlen trotz stetigen Wachstums verzeichnen, sind keine Seltenheit.


Neue Technologien und Disruption


Die größten technologischen Durchbrüche der vergangenen drei Jahrzehnte und deren exponentielles Wachstum Mikrochips, das Internet, Smartphones, die Cloud – haben unser Leben bereits tiefgreifend verändert. Sie haben Produkte und Dienstleistungen geschaffen, deren Verwendung heute bei uns allen zum Alltag geworden ist. Mit Google, Amazon, Apple, Facebook und Co. (GAFA-Unternehmen) haben wir Unternehmen, die schon heute weit mehr wert sind als alle DAX30-Unternehmen zusammengenommen.

Aber die nächste Innovationswelle, wo der Durchbruch von Technologien wie künstliche Intelligenz, 3D-Druck, Roboter, 5G, synthetische Biologie, Blockchain und Materialforschung eine Rolle spielen wird, hat eine noch größere disruptive Kraft.

Jede dieser Technologien könnte für sich allein genommen ganze Branchen revolutionieren. Durch eine Kombination dieser Technologien (beispielsweise Künstliche Intelligenz mit 3D-Druck) entstehen Produkte, die so komplex sind, dass sie sich heute niemand auch nur im Geringsten vorstellen kann.


Agile und diversifizierte Tech-Unternehmen


Viele der technologieorientierten Player (Plattform-Unternehmen u.ä.) haben in den momentan schwierigen Zeiten ein hohes Maß an Widerstandsfähigkeit bewiesen. Dies hat aus meiner Sicht zwei Gründe: Erstens diversifizieren diese Unternehmen ihr Geschäftsportfolio und minimieren dadurch (Ausfall)-Risiko (Bspw. Amazon mit Amazon Web Services). Zweitens können diese Firmen in hoher Geschwindigkeit Geschäftsmodelle anpassen. So hat sich beispielsweise AirBnB währende der Corona-Pandemie in kürzester Zeit zu einer Online-Services-Plattform entwickelt und ist zum größten Anbieter von Wohnmobilen und Wohnanhängern geworden.


Wie können nun traditionelle Unternehmen herausfinden, an welchen Stellen sie sich in Richtung der erwähnten Startups und Tech-Unternehmen verändern sollten? Antworten liefern aus meiner Sicht folgende drei Hilfsmittel: das Ambidextrie-Konzept, Dr. Wohland's Führungsansatz, die Stacey Matrix und das Agile Manifest .


Ambixdextrie


Grafik: Ambidextrie

Was für den Klavierspieler die Beidhändigkeit ist, ist für moderne Unternehmen die sogenannte Ambidextrie. Mit diesem organisationalen Ansatz wird folgendes beschrieben: Ausgangspunkt ist eine vereinfachte Aufteilung in sichere und unsichere Bereiche. Im ersteren Gebiet können Unternehmen ihre Prozesse innerhalb des momentanen Geschäftsmodells optimieren, d.h. letzteres ausbeuten (Exploitation – Ausbeutung). Im unsicheren Bereich können sie gleichzeitig an völlig neuen Geschäftsfeldern arbeiten, diese also erforschen (Exploration – Erforschung).


Führung & Organisation


In dem Zusammenhang sind die sog. „Dynamikrobusten Höchstleister“ von Dr. Gerhard Wohland relevant. Letzter hat das Verständnis von Organisation, Führung und Projektmanagement wesentlich geprägt. Er hat die soziologische Systemtheorie in eine verständliche Sprache gefasst, indem er in „blaue" und „rote" Problembereiche, in denen unterschiedlich geführt bzw. gemanagt werden sollte, unterscheidet: Blaue Probleme sind in sich stabil und können und müssen mittels Wissen gelöst werden. Rote Probleme können sich permanent verändern; für ihre Lösung benötigt man gute Ideen, Kreativität und Talent. Man könnte die blauen Probleme auch als kompliziert und die roten als komplex interpretieren, womit wir schon beim nächsten Kapitel sind: Stacey Matrix.


Stacey Matrix


Grafik: Stacey Matrix

Prof. Ralph Douglas Stacey beantwortet in seinem Konzept die Frage, wie Entscheidungen in Organisationen unter Unsicherheit getroffen werden solletn. Die meisten Darstellungen, die man heute unter dem Schlagwort „Stacey Matrix" findet, vereinfachen das Konzept und verwenden gleichzeitig die Domänen des sogenannten Cynefin Frameworks. Staceys Konzept wird gerne genutzt, um die Vorteile des Einsatzes Agiler Methoden im komplexen bis hin zu völlig chaotischem Umfeld im Vergleich zu klassischen Projektmanagement-Methoden à la Wasserfall (von einfacher bis komplizierter Ausprägung) zu zeigen. Dabei unterscheidet Stacey in seiner Matrix inwieweit das WAS (What) bekannt oder unbekannt ist (z.B. die

Kundenanforderungen an den Service oder die Anforderungen an die Organisation in der Zukunft) und die Klarheit in Bezug auf das WIE (How) (Wie können die Kundenanforderungen an den Service entsprechend umgesetzt werden? Mit welcher Technologie könnte das umgesetzt werden?).


Das Agile Manifest


In der IT bzw. Software-Entwicklung sind diese Herausforderungen (VUCA, Ambidextrie, steigende Komplexität) schon viel länger als in anderen Branchen relevant gewesen. Deswegen wurde das Agile Manifest auch schon im Februar 2001 bei einem Treffen in Utah von einer Gruppe von 17 namhaften Softwareentwicklern formuliert. Dort wurde die Bezeichnung agil" als Ersatz für das bis dahin gebräuchliche leichtgewichtig" (engl. lightweight) ausgewählt.


Vier Leitsätze (oder Werte) beschreiben das Agile Manifest (englisch: Manifesto for Agile Software Development oder kurz Agile Manifesto):


„Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln, indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen. Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt:

  1. Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge

  2. Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation

  3. Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung

  4. Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans

Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.“ (Quelle: http://agilemanifesto.org)


Darüber hinaus gibt es zwölf Prinzipien, die diese Werte unterstützen. Das erste Prinzip lautet: Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufrieden zu stellen." (Quelle: http://agilemanifesto.org/iso/de/principles.html)


Es gibt also genügend Gründe, nun auch an das Thema Geschäftsmodell-Entwicklung ausserhalb der IT etwas agiler und innovativer heranzugehen. Frei nach dem Motto: Wenn es in der Softwareentwicklung funktioniert, dann funktioniert es überall. Die Frage ist: WIE kann man das bewerkstelligen? Schon mal soviel vorab: Es ist keine Checkliste, die befolgt und abgehakt werden kann. Vielmehr geht es darum, neue Methoden im Inspect & Adapt"-Modus in der Organisation zu verankern und zu etablieren und so ein agiles Mindset zu entwickeln.


Mehr dazu dann im Teil 2 (HOW) meines Beitrages, den ich in den kommenden Tagen veröffentlichen werde.


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